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Netzpolitik

Friendly Fire: Kulturflatrate

Dieter Gorny, die Verbalhaubitze der Verwertungsindustrie und Experte in Sachen „Digitaler Maoismus„, fordert jetzt staatliches WLAN (!?) für alle – bezahlt mit GEZ-Gebühren.

Persönlich bin ich ja skeptisch, wenn jemand, der die Vorratsdatenspeicherung befürwortet, sich dann auch noch für ein öffentlich-rechtliches WLAN einsetzt. Und wer gleichzeitig für „Netzneutralität“ und für „3strikes“ eintritt, hat sowieso keine netzpolitische Glaubwürdigkeit.

Entscheidend scheint mir aber zu sein, dass die Verluste durch friendly fire bei diesem Diskussionsvorschlag höher sind, als der Erfolg, der erreicht werden könnte.

Bei Internetzugängen gibt es einen funktionierenden Wettbewerb und der Wettbewerb der Provider orientiert sich natürlich an der Nachfrage der Kunden. Der Kunde hat die Wahl.

Bei den von der Verwertungsindustrie kontrollierten kulturellen Inhalten kann der Kunde leider nicht wählen. Die meisten Inhalte sind entweder nicht oder nicht bequem und ganz sicher auch nicht zu adäquaten Preisen im Internet zugänglich. Falls denn also Dieter Gorny wahrhaftig der Meinung sein sollte, „In allen Fragen gilt für mich: Eine demokratische Entscheidung ist mir lieber, als eine ökonomische”, und wenn es denn richtig ist, dass Dieter Gorny plötzlich eine offene Diskussionsbereitschaft bei sich entdeckt hätte: Reden wir über die Kulturflatrate.

Bei dem Zugang zu Inhalten gibt es auf Seiten der Anbieter ein Versagen des Marktes – nicht beim Zugang zum Internet. Also reden wir doch lieber über die Kulturflatrate!

 

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Medien

Was das Leistungsschutzrecht vom JMStV lernen kann

Es mehren sich die Anzeichen, dass das geplante „Leistungsschutzrecht“ für Presseverleger demnächst tatsächlich in einen konkreten Gesetzgebungsvorschlag des Bundesjustizministeriums münden wird.  Wie CARTA unter Bezugnahme auf ein Interview mit der Bundesjustizministerin berichtet hat, soll es zumindest eine „Abgabepflicht auf Snippets“ geben.

Auch wenn sich die Verleger damit nicht mit ihren weitergehenden Vorstellungen für ein Art Presse-GEZ („Holzmediensoli“) hätten durchsetzen können, bliebe das geplante Leistungsschutzrecht doch ein schwerwiegender Eingriff – bedeutet es doch, dass zukünftig die Verlinkung auf ein Angebot der Presseverleger potentiell kostenpflichtig wird. „Snippets“ sind ja nichts anderes als Links in der „Extended Version“.  Wie lässt sich nun vermeiden, dass das „Leistungsschutzrecht“ zu einer Art Kostenfalle kraft Gesetzes bei Verlinkung wird.

Mein Vorschlag: Warum nimmt sich das „Leistungsschutzrecht“ nicht ein Beispiel am Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV).

Vorschlag für ein Labeling der Angebote von Presseverlegern

Wenn die Verlinkung auf ein Angebot der Presseverleger kostenpflichtig wird, sollten die Verleger ihre Online-Inhalte entsprechend kennzeichnen.

 

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Allgemein

Leben wir in einer Computer-Simulation?

So ziemlich jeder Mensch, der mit wachen Sinnen durch das Leben geht, blickt wohl gelegentlich hinter sich und sucht die  versteckte Kamera. Und wer im Berufsleben steht, wird sich wohl das eine oder andere Mal fragen: Ist das wirklich wahr, was hier gerade passiert? Steht das wirklich in der E-Mail, was ich da gerade gelesen habe? Und was zum Teufel macht das weiße Kaninchen hier im Büro?

In einer solchen Anwandlung abstruser Fragestellungen habe ich kürzlich das Buch von Jim Baggott „A Beginner’s Guide to Reality“ gelesen. Es schadet ja prinzipiell nicht, wenn man bei einer Frage gleich mal mit dem ganz Grundsätzlichen beginnt – pragmatische Antworten finden sich ja auch ohne Nachdenken von selbst.

Nun, über dieses Buch bin ich auf ein Gedankenexperiment des Philosophen Hilary Putnam gestoßen. Dieses Gedankenexperiment ist bekannt als „Brain in vat“ und findet sich in Filmen wie Matrix oder auch „The 13th Floor“ (in Deutschland verfilmt von Rainer Werner Fassbinder „Welt am Draht„) wieder. Die Grundidee ist, dass ein „böser Wissenschaftler“ das Gehirn eines Menschen in einem Tank mit einer Nährlösung aufbewahrt und dieses Gehirn nun über einen Computer mit elektronischen Reizen derart gefüttert wird, dass das Gehirn (der Teil des Menschen, dem man Bewußtsein zuspricht) denkt, es esse zum Beispiel gerade ein leckeres Vanilleeis.

Der Philosoph Nick Bostrom hat sich daran anschließend mit der Frage beschäftigt, wie wahrscheinlich es ist, dass wir, also eigentlich natürlich nur ich, der ich dies hier schreibe, ein Gehirn bin, dass in einem großen Marmeladenglas auf dem Tisch eines bösen Wissenschaftlers steht und von einem Computer mit Reizen gefüttert wird. Der Titel des Aufsatzes lautet „Are you living in a Computer Simulation?„.

Die Schlußfolgerung dieses lesenswerten Aufsatzes lautet, dass zumindest eine der folgenden drei Annahmen richtig ist:

  1. Die Menschheit stirbt aus, bevor sie das technologische Stadium erreicht, um Computer-Simulationen der Welt ihrer Vorfahren bauen zu können, oder
  2. die Menschheit erreicht dieses technologische Stadium, wird aber keine Computer-Simulation der Welt ihrer Vorfahren bauen, oder
  3. die Menschheit erreicht das technologische Stadium, um solche Computer-Simulationen zu bauen und tut dies dann auch, dann aber leben wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in einer solchen Computer-Simulation.

Wie gesagt: Die These des Aufsatzes ist nur, dass mindestens eine der drei oben genannten Annahmen zutreffend sein muss. Ich persönlich präferiere aber die letzte der drei Annahmen. Oder ist es etwa nicht mehr als nur gelegentlich tröstlich, davon auszugehen, dass die Mails, die einen etwa im Berufsleben täglich erreichen, dem Computer eines „bösen Wissenschaftlers“ entstammen, aber nicht wirklich real sind.

– . –

What’s the scientifc purpose of keeping a head alive in jar?

Brain in a vat. (C) 2004 by David Farley

 

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Netzpolitik

JMStV, Blogger und die lässlichen Einschätzungen

Um es vorab klar zu sagen: die Diskussionen der letzten Tage zum JMStV waren mir etwas zu aufgeregt. Störend finde ich aber mindestens im gleichen Maße nun diejenigen, die die Debatte scheinbar bisher nicht verfolgt haben, aber sich gleichwohl im Stande sehen, schon mal vorab Entwarnung zu vermelden. Dazu gehört nun leider auch Udo Vetter. Wohlgemerkt – Udo Vetter schreibt in seinem Blog überwiegend nichts Falsches, aber er vermittelt leider auch nicht das vollständige Bild. Deswegen aus meiner Sicht einige, wie ich meine nicht unbedeutende, Korrekturen.

1.    Das-war-schon-immer-so Argument
Richtig ist, wer entsprechende entwicklungsbeeinträchtigende Angebote veröffentlicht hat, musste bereits früher entweder Sendezeitbeschränkungen oder Zugangsbeschränkungen mit einem Altersverifikationssystem einrichten. Daraus folgert Udo Vetter jetzt quasi im Umkehrschluss: Wer bisher nichts getan hat, muss auch morgen nichts tun.

„Das ist im Wesentlichen übrigens auch bisher schon geltendes Recht. Gekümmert hat es kaum jemanden. Bis auf das Verbot eines Anorexie-Blogs und einige Anschreiben des zahnlosen Tigers jugendschutz.net ist mir bislang kein flächendeckender Schlag gegen Blogs bekanntgeworden.“

Das Das-war-schon-immer-so Argument lebt von der Unterstellung, dass der Verfolgungsdruck beim Jugendschutz (durch jugendschutz.net, Medienaufsicht und äußerstensfalls Abmahnanwälte) gering bleiben wird. Diese Unterstellung kann zutreffen; sie kann sich aber auch als falsch herausstellen. Politisch wird jedenfalls die Absicht zur Stärkung des Jugendschutzes im Internet bekundet.

Im übrigen ist es meines Erachtens – das richtet sich natürlich nicht an Udo Vetter – kein überzeugendes Argument für eine dringend gebotene, sofortige Verabschiedung des neuen JMStV, wenn zugleich stillschweigend behauptet wird, dass die Kluft zwischen den gesetzlichen Anforderungen beim Jugendschutz und der tatsächlich gelebten Praxis auch weiterhin hoch bleiben wird.

2.    Das-wird-keinen-betreffen Argument
Im Rahmen der gesamten Debatte rund um den JMStV war immer ein Kernpunkt die Frage der Reichweite der Alterskennzeichnungspflicht. Ich schreibe hier bewusst Pflicht, weil meines Wissens nach selbst Befürworter des neuen JMStV nicht mehr von einer „freiwilligen“ Alterskennzeichnung sprechen. Die Sache ist ja auch klar: Wer entsprechende entwicklungsbeeinträchtigende Angebote vorhält, muss entweder (i) Sendezeiten einhalten, (ii) Zugangssysteme einrichten oder eben (iii) die Alterkennzeichnung nutzen. Udo Vetter meint:

„Bei einer Durchsicht eben ist mir kein einziger Beitrag aufgefallen, der so hart war, dass jemand auch nur ernsthaft eine Altersfreigabe erst ab 16 oder gar 18 Jahren fordern könnte. (…) Es könnte auch gut sein, dass wir für 99 % des Genres falsche Befürchtungen haben. (…) Die weitaus meisten Blogs sind einfach brav genug, um nicht einmal ansatzweise ins Raster des JMStV zu fallen.“

Hier gibt es zunächst eine Differenz in der Sache: Das Labeling gilt nämlich auch für Inhalte „ab 12“ (als Blogger oder Webseitenbetreiber müsste man nur dann Content für diesen Alterbereich nicht labeln, wenn man ihn, so die FSM, „von für jüngere Kinder bestimmten Angeboten getrennt“ hält – wie immer man sich das vorzustellen hat). Was Udo Vetter aber weitestgehend unberücksichtigt lässt: Der JMStV setzt darauf, dass über die Access-Provider möglichst flächendeckend Jugendschutzprogramme (-filter) verbreitet und dann am heimischen PC eingesetzt werden. Keiner kann derzeit sagen, ob diese Programme dann – was gewissermaßen konsequent wäre –nicht gelabelten Content als „ab 18“ behandeln und entsprechend ausblenden. Wer in diesem Falle nicht labelt riskiert (abhängig von der Funktionalität und Verbreitung dieser Jugendschutzprogramme) von Jugendlichen nicht mehr gelesen werden zu können.

Die  durch den JMStV verursachten Probleme kann man m.E. nicht erfassen, wenn man nur den Text liest. Unterstellt Jugendschutzprogramme fänden weite Verbreitung und würden dann nicht gelabelten Content im Zweifel ausblenden (sei es durch Overblocking), gibt es nämlich im Grunde eine Notwendigkeit seine Inhalte auch dann zu labeln, wenn überhaupt keine entwicklungsbeeinträchtigenden Angebote vorgehalten werden. Oder man ist sich bewusst, ohne Labeling eben jugendliche Leser auszuschließen.

Auch hier gilt im Übrigen: Wenn 99% aller Blogs und Webseiten tatsächlich nicht betroffen wären, warum berücksichtigt der neue JMStV dies nicht und nimmt private Blogs und Webseiten aus dem Anwendungsbereich heraus. Der allgemeine Sittenverfall der deutschen Jugend wird mit Sicherheit nicht durch private Webseiten aus Deutschland verursacht.

3.     Das-kann-ja-nicht-sein Argument
In der Auseinandersetzung zu user generated content, also der Frage, inwiefern Foren oder Blogkommentare durch den neuen JMStV betroffen sind,  kommt abschließend bei Udo Vetter das Das-kann-ja-nicht-sein Argument zum Zuge:

„(…) Die Regelungen des Telemediengesetzes [bleiben] unberührt. Diese schließen aber gerade eine Haftung des Anbieters für Inhalte Dritter aus. Bei vernünftiger Auslegung dürfte sich also an dem Grundsatz nichts ändern, dass Kommentare und Foreneinträge den Seitenbetreibern frühestens zugerechnet werden, wenn er auf Probleme hingewiesen wurde. Es dürfte auch nach dem JMStV keine Pflicht geben, usergenerierten Content eigenständig zu prüfen.“

§ 5 Abs. 3 des JMStV bestimmt nun aber, dass der Anbieter die Einbeziehung oder [den] Verbleib von Inhalten im Gesamtangebot“ verhindern solle. Die Einbeziehung verhindern kann aber ein Anbieter nur, wenn er proaktiv Forenbeiträge oder Blogkommentare samt zugehöriger Verlinkung überprüft. Außerdem ist keineswegs klar, wann eine nachträgliche „Kenntnisnahme“ entsprechender Inhalte vorliegt. Offenbar hat bei Abfassung des JMStV der Web 2.0 Kodex der FSM Pate gestanden. Dieser bestimmt insoweit: „Den Nutzern muss es jederzeit möglich sein, dem Betreiber (…)  rechtswidriges Verhalten zu melden. (…) Die Meldefunktion ist an prominenter Stelle der Plattform schnell erreichbar“ zu platzieren. Es steht zu vermuten, dass mit dem JMStV eine derartige Lösung gefördert werden solle. Dann soll man für entwicklungsbeeinträchtigende Angebote bereits dann verantwortlich sein, wenn jemand das „Meldeknöpfchen“ im Blog gedrückt hat.

Abschließend: Es besteht kein Grund zur Hysterie. Genauso wenig ist aber nun zur heiteren Gelassenheit zu raten. Der JMStV wirft viele Probleme auf, von denen erst die Zukunft erweisen wird, in welchem Umfang sich diese realisieren. Was aber schon gegenwärtig gesagt werden kann: Alle oben genannten Problemfelder wurden bereits im Entwurfsstadium des JMStV thematisiert. An keiner dieser Stellen hat es eine substantielle Verbesserung des JMStV gegeben. Die Gleichgültigkeit oder gar der politische Unwille, hier den JMStV zu verbessern, kann niemanden zur Gelassenheit mahnen. Alles andere wäre ein lässliches Urteil.

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Medien

Leistungsschutzrecht – nicht nur für gewerbliche Nutzer

Nachdem sich in einer gemeinsamen Erklärung deutsche Wirtschaftsverbände, unter anderem auch der Bundesverband der Deutschen Industrie, gegen die Einführung eines Leistungsschutzrechtes für Presseverleger ausgesprochen haben, folgte zunächst eine leicht hysterische, in jedem Fall aber harsche Reaktion seitens der Verleger:

„Als völlig überzogen wurde auch die Behauptung des BDI kritisiert, die Presse wolle Lasten in ‚Milliardenhöhe‘ auf die Wirtschaft abwälzen und gefährde damit insbesondere den Mittelstand. ‚Davon kann keine Rede sein‘, sagten die Sprecher. ‚Von Milliarden haben wir nie gesprochen. Im Gegenteil: Der BDI weiß aus Gesprächen mit den Verlegerverbänden, dass solch absurde Größenordnungen weder geplant noch vorgeschlagen worden sind.'“

Nun, ich weiß natürlich nicht, was zwischen Presseverlegern und dem BDI besprochen wurde, aber dass mit dem Leistungsschutzrecht Einnahmen in Milliardenhöhe generiert werden sollen, wurde von Verlegerseite in der Anhörung des BMJ zum Leistungsschutzrecht so gesagt.

Zwischenzeitlich ist es um das Leistungsschutzrecht etwas ruhiger geworden. Möglicherweise setzt hinter den Kulissen des politischen Berlins das grundsätzliche Nachdenken über ein solches Leistungsschutzrecht ein.

Zu den grundsätzlichen Erwägungen, ob es überhaupt eines solchen Leistungsschutzrechts bedarf und wen es denn trifft, passt ein Zitat von Mathias Döpfner, das ich bisher im Internet so noch nicht gefunden habe. Das Zitat von Mathias Döpfner stammt aus dem Buch „2020 – Gedanken zur Zukunft des Internet“ (Buchbesprechung hier bei Thomas Knüwer). Döpfner analysiert die Gewinnmöglichkeiten der Verlage im Netz und meint:

„Dafür gibt es Dutzende von Möglichkeiten. (…) Sei es, dass wir über eine Verwertungsgesellschaft das Recht auf gewerbliche Nutzung der [Verlags-] Webseiten an Firmen verkaufen. „

Das ist die bisher öffentlich eingestandene Zielrichtung des Leistungsschutzrechts. Aber Döpfner schreibt eben einen Satz vorher auch:

„… Sei es, dass wir Internet-Zugangsanbietern das Recht verkaufen, ihren Kunden die Webseiten eines Verlages oder einer Gruppe von Verlagen zeigen zu können.“

Es geht den Verlegern offensichtlich nicht nur um eine Presse-GEZ für gewerbliche Nutzer – es geht wohl noch immer auch um die privaten Nutzer, die über den Umweg der Internet-Zugangsanbieter zu einem Holzmediensoli herangezogen werden sollen.