Warum „die CDU/CSU“ nicht für SOPA ist
Vorab: Ich bin nicht Mitglied der CDU oder der CSU (und auch sonst keiner Partei). Und gerade deshalb, weil mir an einer parteipolitischen Auseinandersetzung nicht gelegen ist, liegt mir an einer Klarstellung, die meiner Wahrnehmung entspringt.
Entgegen den verschiedentlichen Meldungen bei Netzpolitik.org, bei Jörg Tauss und daran anschließend auch bei den Netzverstehern von der SPD, ist meines Erachtens nicht davon zu sprechen, „die CDU/CSU“ sei für SOPA.
Natürlich ist mir die unselige Pressemitteilung von Dr. Günter Krings aus Mönchengladbach bekannt, der sich nicht zu schade war, die Debatte in den USA zu SOPA mit den Worten zu kommentieren: „US-Amerikanische SOPA-Gesetzgebung weist in die richtige Richtung“.
Ich bin jedoch nicht gewillt, diese Meinung „der CDU/CSU“ insgesamt in die Schuhe zu schieben.
Wer das politische Geschehen verfolgt, der konnte bereits feststellen, dass Günter Krings für den Bereich digitales Urheberrecht und Netzpolitik ungefähr die Stellung einnimmt, die Hans-Peter Uhl im Bereich liberaler Bürgerrechtspolitik einnimmt. Wie jener auch, so hat im Grunde genommen Günter Krings außer einer Meinung aus dem letzten Jahrhundert nichts beizusteuern zum Thema Urheberrecht im digitalen Zeitalter oder Netzpolitik. Während anderenorts in „der CDU/CSU“ wichtige Fragen aufgeworfen werden und sogar erste Ansätze in die öffentliche Diskussion eingebracht werden, gibt Krings quasi die Einmann-Stahlhelmfraktion im Urheberrecht: Jeder Einsicht und Erkenntnis abhold, verschanzt er sich im Schützengraben seiner betonierten Meinung.
Aber die Standpunkte, die er vertritt, werden niemals dauerhaft Standpunkte „der CDU/CSU“ bleiben. In letzterem Punkte bin ich mir schlicht deshalb sicher, weil mit derartigen Positionen „die CDU/CSU“ nicht nur nicht mehrheitsfähig ist (das ist sie in diesem Themenfeld bereits heute nicht mehr), sondern vielmehr in nicht wenig mehr als 5 bis 10 Jahren komplett politikunfähig wird. Man kann keine Politik durchhalten, die letztlich damit droht, den Wählerinnen und Wählern ihr tägliches Arbeits-, Informations- und Kommunikationsmittel wegzunehmen oder bedeutend einzuschränken. Und je mehr das Netz alle Lebensbereiche durchdringt und je mehr Netznutzer zur Wahl gehen werden (was eine reine Frage der Demoskopie ist), desto unhaltbarer werden Standpunkte, wie die von Krings.
Wem also nicht an parteipolitischer Reibung oder der Pflege beliebter Feindbilder liegt, der sollte nicht ohne Not Meinungsäußerungen von Günter Krings mit Meinungen „der CDU/CSU“ gleichsetzen. Ich schenke meine Aufmerksamkeit lieber denjenigen Politikern in der CDU/CSU, die mental bereits im digitalen Zeitalter leben.
[Update: 26.01.2012 – 20:00 Uhr]
Die Süddeutsche berichtet über offenen Widerspruch in der CDU gegen die Pressemitteilung von Günter Krings.
[Update: 26.01.2012 – 23:00 Uhr]
Ich hatte übersehen, dass Spiegel Online noch deutlicher berichtet: „Unionspolitiker pfeifen Copyright-Hardliner zurück.“
3 Antworten auf „Die Stahlhelmfraktion im Urheberrecht“
[…] scheinen nun aber auch im Urheberrecht die Knallerbsensträucher bestens zu Gedeihen. Mit wirren Erklärungen tun sich die Befürworter von ACTA hervor. Was nur noch deutlich wird […]
@tauss
Siehe auch Updates zum Blogpost. Ich halte es für gut begründbar, die PM tatsächlich der CDU/CSU Fraktion im Ganzen zuzuschreiben. Aber es entspricht in diesem Falle trotzdem nicht meiner persönlichen Wahrnehmung, dass Krings hier eine Mehrheitsmeinung wiedergegeben hätte. Selbst wenn dem jedoch so wäre, dann repräsentiert er mit Sicherheit nicht dauerhaft die Meinung der CDU/CSU zu dem Thema (aus den Gründen des obigen Blogposts).
Ich habe meine Meinung imho sauber mit den parlamentsüblichen Gepflogenheiten begründet.
Nochmals. Die Kritiker sind eine Einzelmeinung in der Fraktion.
Aber ich nehme den Artikel gerne zum Anlass, nochmals nachzuhaken.